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13.11.2025 
RETAIL Weekly by handelsjournalHDE - Handelsverband Deutschland
AUFREGER DER WOCHE
Aufschwung statt Stillstand: Die Politik muss die Wirtschaft entfesseln
 
2025 ist gesamtwirtschaftlich erneut ein verlorenes Jahr. Das geringe Wachstum von 0,2 Prozent wird durch schuldenfinanzierte Ausgaben erkauft und kaschiert nur die strukturellen Probleme. Es herrscht ein alarmierender Stillstand im Land, den der Handel zu spüren bekommt: Die Konsumstimmung bleibt hartnäckig schwach, die Umsätze stagnieren und die Kosten für Energie, Personal und Logistik fressen die Margen auf. Wir brauchen jetzt dringend eine Trendumkehr Richtung Aufschwung.
 
Wie ernst die Lage ist, habe ich in meiner Rede auf dem Handelskongress Deutschland heute Vormittag deutlich gemacht. Dort stellte sich auch Katherina Reiche dem Dialog mit dem Handel. Die Bundeswirtschaftsministerin hat sich in ihrer Grundsatzrede in dieser Woche für weitreichende Reformen und eine Wachstumsagenda ausgesprochen. Das ist wichtig und richtig – die wirksamen politischen Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland dürfen aber nicht länger Vorhaben bleiben.
 
Den Worten müssen rasch Taten folgen: Die Bundesregierung steht in der Schuld, ihr bereits vor sechs Monaten gegebenes Versprechen zur Entfesselung der Wirtschaft einzulösen.Dafür ist vor allem mehr Mut zur Vereinfachung nötig, wir ersticken in Bürokratie. Während Deutschlands Wirtschaft und der Handel mit zahllosen Dokumentations- undBerichtspflichten sowie in der Folge steigenden Compliance-Kosten zu kämpfen haben, zieht die internationale Konkurrenz immer weiter davon.
 
Jahrelang haben wir als HDE etwa vor den bürokratischen Exzessen des deutschen Lieferkettengesetzes gewarnt. Dass die Bundesregierung nun die überbordenden Berichtspflichten daraus streicht, ist ein wichtiges Signal. Es ist das Zeichen, dass diese Bundesregierung bereit ist, Fehler zu korrigieren. Doch das kann nur ein Anfang sein: Wir brauchen insgesamt mehr Vertrauen in das Unternehmertum und weniger Vorschriften.
 
Zudem sind zwei grundlegende Dinge vonnöten, um im Wettbewerb bestehen zu können: Bezahlbare Kosten und fairer Wettbewerb. Auf der Kostenseite muss die Bundesregierung ihre Zusage erfüllen, die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß zu senken. Unumgänglich ist überdies eine Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge bei 40 Prozent. Darüber hinaus muss ein fairer Wettbewerb sichergestellt sein: Dass Drittstaatenhändler wie Temu und Shein systematisch europäische Standards unterlaufen können, ist Sabotage am Binnenmarkt. Das muss schnellstens geahndet und bestraft werden, sonst hat der hiesige Handel keine Zukunft.
 
Wie wichtig ein vitaler Einzelhandel für das gesellschaftliche Miteinander ist, sehen wir nicht zuletzt mit Blick auf die Lage in den Stadtzentren. Der Staat hat hier für Rahmenbedingungen zu sorgen, unter denen sich privates Kapital wieder traut, in die Zentren zu investieren. Gefordert sind Anreize, keine neuen Hürden. Was das Land jetzt braucht, ist eine Kultur der Freiheit und des Ermöglichens.
 
DIE GUTE NACHRICHT
HDE verleiht Deutsche Handelspreise 2025
Im festlichen Rahmen einer Gala-Veranstaltung des Handelskongresses in Berlin hat der HDE gestern Abend die Deutschen Handelspreise 2025 verliehen. Über den Lifetime Award des Deutschen Handelspreises konnte sich Dirk Roßmann freuen, der einen kleinen, elterlichen Drogeriebetrieb zu einem der größten Drogeriekonzerne Europas entwickelt hat und sich vielseitig für die Gesellschaft engagiert. In der Kategorie Großunternehmen ging der Handelspreis an das Sporthandelsunternehmen Decathlon, das Innovationskraft mit einem starken Fokus auf Kundenerlebnis und technologische Weiterentwicklung kombiniert.
 
Den Preis in der Kategorie Mittelstand erhielt Edeka Schenke, ein seit 1934 bestehendes Familienunternehmen, das sich von einem kleinen Lebensmittelgeschäft zu einem leistungsstarken Handelsunternehmen mit rund 450 Beschäftigten entwickelt hat. Und mit dem Mitarbeiterpreis „Gesicht des Handels“ wurde Florian Timm ausgezeichnet. Der Bereichsleiter Retail Stores ist bei der Thalia Bücher GmbH für 20 Buchhandlungen in Niedersachsen und Bremen mit über 200 Mitarbeitenden verantwortlich. Damit zeigt der erst 27-Jährige, der seine Karriere im Handel als Auszubildender begann, wie groß die Aufstiegschancen im Einzelhandel sind.
 
Fotos von der Preisverleihung

RAT UND TAT
Handbuch: KI-Verordnung für KMU
Die EU-Verordnung über Künstliche Intelligenz regelt die Nutzung von KI-Systemen anhand umfangreicher Vorschriften, die auf einem risikobasierten Ansatz beruhen: Je größer das Risiko eines KI-Systems für die Rechte und die Sicherheit von Menschen, desto strenger sind die Anforderungen.
 
Das neue Handbuch „KI-Verordnung – Praxisbeispiele zur Orientierung für KMU“ des Mittelstand-Digital Zentrum Handel zeigt kleineren und mittleren Handelsunternehmen, wie die Einordnung ihrer eigenen Anwendungen gelingt und wie die Anforderungen aus der Verordnung praktisch umgesetzt werden können. Schritt für Schritt werden Grundlagen erklärt, typische Anwendungsfälle beschrieben und praxisnahe Tipps gegeben, um KMU auf ihrem Weg zur KI-Readiness zu begleiten.
 
Handbuch KI-Verordnung kostenlos downloaden

IM GESPRÄCH
Stephan Tromp
Stellvertretender Hauptgeschäftsführer HDE
 
Herr Tromp, französische Behörden haben den Onlinehändler Shein angezählt. Was ist passiert?
Die aktuellen Entwicklungen in Frankreich werfen ein Schlaglicht auf die untragbaren Geschäftspraktiken von Plattformen und Händlern aus Drittstaaten, die systematisch gegen hier geltende Regeln und EU-Standards verstoßen. So haben die französischen Behörden in der vergangenen Woche ein Gerichtsverfahren und mehrere Ermittlungen gegen Shein wegen des Verkaufs von Puppen mit kinderpornografischem Charakter eingeleitet, zudem sollen Waffen und andere illegale Produkte im Angebot entdeckt worden sein.
Es ist ein Skandal. Um vorerst einer kompletten Sperre zu entgehen, musste Shein innerhalb von 48 Stunden den Nachweis erbringen, dass alle über die Plattform vertriebenen Waren rechtskonform sind. Das Unternehmen wird in unserem Nachbarland vorerst nur noch Fast-Fashion verkaufen und steht weiter unter Beobachtung.
 
Sollte sich die Bundesregierung das französische Vorgehen zum Vorbild nehmen?
Deutschland muss auch so hart durchgreifen wie Frankreich, denn der unfaire Wettbewerb mit Drittstaatenhändlern bringt hierzulande immer mehr Handelsunternehmen in Existenznot. Es braucht jetzt ein klares Signal. Der französische Zoll hat Hunderttausende Pakete von Shein beschlagnahmt und am Pariser Flughafen eingelagert, um sie einzeln und genau zu kontrollieren. Ein ähnliches Vorgehen befürworten wir auch in Deutschland. Hier hat die Stiftung Warentest schließlich erst vor Kurzem festgestellt, dass mehr als zwei Drittel der bei Shein sowie Temu bestellten Produkte nicht die EU-Vorschriften bezüglich elektrischer und mechanischer Sicherheit, Schadstoffen sowie Kennzeichnungen erfüllen. Jedes vierte getestete Produkt bewerteten die Tester gar als so gefährlich, dass sie Verbraucher vor dem Kauf warnen. Diese Missstände müssen endlich und dauerhaft abgestellt werden.
 
Wie lässt sich die illegale Warenflut aus Fernost wirksam stoppen?
Aus Sicht des HDE liegen die notwendigen Maßnahmen längst auf dem Tisch. Vor allem geht es darum, die bestehenden Vorschriften auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene konsequent durchzusetzen. Wir haben hier kein Regelungs-, sondern ein Durchsetzungsproblem: Drittstaatenhändler müssen für unlauteren Wettbewerb, Steuerhinterziehung und Nichteinhaltung der EU-Standards in den Bereichen Produktsicherheit, Nachhaltigkeit sowie Verbraucher- und Arbeitnehmerrechte zur Rechenschaft gezogen werden. Dazu gehört, die Zollfreigrenze von 150 Euro schnellstmöglich abzuschaffen. Zudem muss der Zoll besser ausgestattet und digital ertüchtigt werden, um die engmaschige Kontrolle der Paketmassen aus China auch tatsächlich bewältigen können. Frankreich hat deutlich gemacht, dass unfairer Wettbewerb Konsequenzen hat. Deutschland muss nun dringend nachziehen.
 

DAS WAR DIE WOCHE
 
-HDE-Präsident Alexander von Preen eröffnete den Tag der Wettbewerbsfreiheit des HDE in Berlin. In Vorträgen und Diskussionen ging es um den Wettbewerb, sinnvolle Rahmenbedingungen und zu große Einschränkungen.
 
Weitere Informationen
 
HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth machte in einer Diskussionsrunde mit der Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes Ramona Pop, der Stv. Generaldirektorin der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien bei der EU-Kommission Renate Nikolay und Prof. Dr. Peter Kenning beim Deutschen Verbrauchertag den hohen Handlungsbedarf zur Herstellung eines fairen Wettbewerbs mit Anbietern aus Fernost wie Temu und Shein deutlich. (Foto: Plambeck – vzbv)

TERMINE, TERMINE
01.12.2025
KI im Marketing
Lohnt sich der Einsatz von KI für kleinere Handelsunternehmen? Ein kostenloser Online-Workshop des Mittelstand-Digital Zentrums Saarbrücken liefert eine Kosten-Nutzen–Abwägung anhand konkreter Beispiele aus dem Marketing. Teilnehmende erfahren, was die KI leisten kann und was ein Marketingmanager im Vergleich nutzen würde.
 
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09.12.2025
Schatten-KI richtig begegnen
Der nicht offiziell genehmigte Einsatz von KI-Tools durch Mitarbeitende, die sogenannte Schatten-KI, stellt viele Händler vor neue Herausforderungen. Ein kostenloses Online-Seminar des Mittelstand-Digital Zentrums Saarbrücken gibt Handlungsempfehlungen, um Schatten-KI von einem Risiko in eine Chance zu verwandeln.
 
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www.einzelhandel.de